Besteuerung von Privat­personen

Automatischer Informations­austausch über Finanzkonten

Per 1. Januar 2017 sind die rechtlichen Grundlagen für die Einführung des automatischen Informationsaustausches (AIA) über Finanzkonten in der Schweiz in Kraft getreten. Die meldenden Finanzinstitute in der Schweiz und in den Partnerstaaten erheben erstmals im Jahre 2017 Finanzinformationen ihrer betroffenen Kunden, welche dann erstmals im Jahre 2018 gegenseitig ausgetauscht werden. Betroffen sind nicht nur natürliche Personen, sondern auch Rechtsträger und die diese beherrschenden Personen.

Globaler OECD Standard für den AIA über Finanzkonten / Rechtsgrundlagen

Zur weltweiten Bekämpfung der Steuerhinterziehung und des Steuerbetrugs verabschiedete die OECD im Jahr 2014 einen globalen Standard für den automatischen Informationsaustausch (AIA) über Finanzkonten. Bis heute haben sich insgesamt 101 Staaten zu diesem globalen Standard bekannt. 54 Staaten wollen bereits ab 2017 Informationen gemäss dem AIA-Standard (sog. early adopters) gegenseitig austauschen und weitere 47 Staaten (darunter die Schweiz) ab 2018.

Unter dem AIA übermitteln Finanzinstitute steuerrelevante Kunden- und Finanzdaten routinemässig und alljährlich (d.h. automatisch) an die Steuerbehörden in ihrem Land, welche diese Informationen an die Steuerbehörden im Ansässigkeitsstaat des Kunden weiterleiten.

Die übermittelten Informationen enthalten Kontonummer und Steueridentifikationsnummer sowie Name, Adresse und Geburtsdatum des Kunden, alle Arten von Einkünften und den Saldo des Kontos.

Der globale Standard für den automatischen Informationsaustausch ist im „Gemeinsamen Meldestandard“ (GMS; „Common Reporting Standard“, CRS) festgelegt. Die rechtliche Umsetzung des AIA erfolgt auf internationaler Ebene entweder auf dem Multilateral Competent Authority Agreement (MCAA), welches mit jedem Partnerstaat in einer separaten Vereinbarung aktiviert werden muss (AIA-Abkommen), oder auf einem eigenen bilateralen oder multilateralen Staatsvertrag (z.B. das AIA-Abkommen mit der EU).

Auf nationaler Ebene erfolgt die Umsetzung mit dem Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch (AIAG) und der Verordnung über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIAV). Per 1. Januar 2017 sind die AIA-Abkommen mit gewissen Partnerstaaten (siehe unten) und die internen rechtlichen Grundlagen des AIAG und AIAV in Kraft getreten.

Laufende Erweiterung der Partnerstaaten

Die Schweiz hat mit den 28 EU-Mitgliedstaaten und Gibraltar ein separates AIA-Abkommen unterzeichnet, welches am 1. Januar 2017 in Kraft getreten ist; (dieses gilt auch nach der Brexit-Abstimmung für Grossbritannien bis zum wirksamen Austritt aus der EU). Die Schweiz hat mit weiteren Partnerstaaten AIA-Abkommen unterzeichnet, welche ebenfalls am 1. Januar 2017 in Kraft getreten sind. Dazu gehören Australien, Island, Norwegen, Guernsey, Jersey, die Insel Man, Japan, Kanada und Südkorea.

Sodann hat die Schweiz mit folgenden Staaten AIA-Abkommen unterzeichnet, welche voraussichtlich per 1. Januar 2018 in Kraft treten sollen: Andorra, Argentinien, Brasilien, Chile, Indien, Israel, Mexiko, Monaco, Neuseeland, San Marino, Seychellen, Südafrika und Uruguay. Dazu kommen AIA-Abkommen mit Bermuda, Britische Jungferninseln, Cayman Inseln und Turks- und Caicos Inseln, unter welchen nur die Schweiz einseitig Informationen erhalten wird.

Die Einführung des AIA ist für die Jahre 2018 und 2019 mit weiteren Partnerstaaten beabsichtigt, insbesondere mit den Finanzplätzen Singapur und Hong Kong. Aufgrund der internationalen Entwicklungen soll das Netzwerk an Partnerstaaten laufend erweitert werden.

Mit den USA sind Verhandlungen aufgenommen worden für den Wechsel vom FATCA Modell 2 (Informationsaustausch bei Zustimmung der Kunden von den Schweizer Bankinstituten an die USA) auf das FATCA Modell 1 (automatischer Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden in der Schweiz und den USA).

Meldende Finanzinstitute in der Schweiz

Als Finanzinstitute gelten Einlageinstitute (z.B. Banken und Sparkassen), Verwahrinstitute (z.B. Depotführende Banken oder Treuhänder als Rechtsträger), Investmentunternehmen und spezifizierte Versicherungsgesellschaften.

Die meldenden Finanzinstitute haben zur Feststellung der meldepflichtigen Konten und Personen weitgehende Melde- und Sorgfaltspflichtigen zu erfüllen. Dazu haben die Finanzinstitute einen Kundenidentifikationsprozess (Due Diligence) durchzuführen. Im Rahmen der Due Diligence ist zur Bestimmung der steuerlichen Ansässigkeit die Selbstauskunft der Kunden von Bedeutung. Die Abgabe einer falschen Selbstauskunft sowie die Nicht-Mitteilung von Änderungen der relevanten Daten unterliegen einer Strafbestimmung. Die Finanzinstitute ihrerseits müssen die Plausibilität der Selbstauskunft bestätigen.

Falls durch das Finanzinstitut Indizien für die steuerliche Ansässigkeit des Kunden in mehreren Partnerstaaten festgestellt werden und diese Indizien durch den Kunden nicht innert Frist widerlegt werden, erfolgt durch das Finanzinstitut gleichzeitig eine Meldung in mehrere Partnerstaaten.

Weiter Begriff der meldepflichtigen Konten und Personen

Zu den meldepflichtigen Konten gehören zum einen Finanzkonten, welche von einem Kontoinhaber in einem meldepflichtigen Staat (Partnerstaat) gehalten werden. Der Kontoinhaber kann entweder eine natürliche Person oder aber auch ein Rechtsträger (z.B. eine operative Gesellschaft als Inhaber eines Kontos) sein. Nicht als meldepflichtige Personen gelten qualifizierte börsenkotierte Kapitalgesellschaften und dieser verbundene Rechtsträger, staatliche Rechtsträger (z.B. Kanton, Gemeinde),  internationale Organisationen, Zentralbanken und Finanzinstitute.

Falls es sich beim Kontoinhaber um eine sog. passive Non Financial Entity (NFE) handelt (z.B. eine Sitzgesellschaft, Trust, Stiftung), werden ebenfalls die beherrschenden Personen eines solchen passiven NFE als meldepflichtige Personen erachtet und es erfolgt zusätzlich eine Übermittlung der Informationen in den Ansässigkeitsstaat der beherrschenden Personen. Der Begriff der beherrschenden Person wird gemäss OECD Standard sehr weit ausgelegt.

Die beherrschenden Personen der sog. aktiven NFE werden nicht gemeldet: Zu den aktiven NFE gehören insbesondere operative Gesellschaften, qualifizierte börsenkotierte Kapitalgesellschaften und deren verbundene Rechtsträger, staatliche Rechtsträger, Holdinggesellschaften, Start-up Gesellschaften etc..

Informationspflicht der meldenden Finanzinstitute in der Schweiz / Rechtsschutz

Die meldenden Finanzinstitute in der Schweiz haben die meldepflichtigen Personen spätestens am 31. Januar des Jahres, in dem erstmals die Informationen an den betreffenden Partnerstaat übermittelt werden (d.h. für die ersten Partnerstaaten bis spätestens am 31. Januar 2018‌) über die sie betreffenden Informationen und ihre Rechte zu informieren. Auf Ersuchen muss das Finanzinstitut den meldepflichtigen Personen eine Kopie der Meldung an die ESTV zukommen lassen.

In Bezug auf die zu übermittelnden Informationen stehen den meldepflichtigen Personen die Rechte unter dem Datenschutzgesetz (DSG) zu. Das Recht auf Berichtigung unrichtig gemeldeter Daten ist im Zivilrechtsverfahren gegenüber dem meldenden Finanzinstitut geltend zu machen. Gegenüber der ESTV können die meldepflichtigen Personen grundsätzlich nur das Auskunftsrecht beanspruchen und verlangen, dass unrichtige Daten, die auf Übermittlungsfehlern beruhen, berichtigt werden. Die ESTV erlässt grundsätzlich keine anfechtbare Verfügung, und es besteht kein Rechtsmittelweg an das Bundesverwaltungsgericht. Die Weitergabe der Informationen an den Partnerstaat kann im Verwaltungsverfahren nur sehr beschränkt verhindert werden.

Vom Ausland übermittelte Informationen über Schweizer Steuerpflichtige

Der AIA ist gemäss den AIA-Abkommen gegenseitig. Die Partnerstaaten haben die gleichen Verpflichtungen wie die Schweiz. Von den ausländischen Steuerbehörden wird die ESTV ab 2018 automatische Informationen über Schweizer Steuerpflichtige mit einem Finanzkonto in den Partnerstaaten erhalten. Die ESTV wird diese Informationen an die zuständigen kantonalen Steuerbehörden weiterleiten.

Keine Anwendung des globalen Standards für den AIA im Inland

Der OECD Standard des AIA regelt nur den internationalen Austausch von Informationen über Finanzkonten. Das Bankgeheimnis im Inland wird insoweit durch die Einführung des AIA nicht tangiert.

Einschätzung Tax Partner AG

Für die Schweiz ist von Bedeutung, dass mit dem neuen OECD Standard für den AIA über Finanzkonten weltweit ein Level Playing Field geschaffen wird und sämtliche wichtigen Finanzplätze den AIA umsetzen. Damit wird die Schweiz keinen Wettbewerbsnachteil erleiden.

Für die Finanzinstitute in der Schweiz steht die Identifikation als meldendes Finanzinstitut, die Erfüllung der Melde- und Sorgfaltspflichten zur Identifikation der meldenden Personen und Konten und die Aufbereitung der Dokumentation im Vordergrund. Insbesondere müssen die Meldungen inhaltlich korrekt und genügend dokumentiert sein, um allfällige Schadenersatzklagen seitens der Kunden zu vermeiden.

Für die Kunden der Finanzinstitute ist entscheidend, dass die Angaben zu ihrer steuerlichen Ansässigkeit korrekt erfasst sind und nicht gleichzeitig Meldungen in verschiedene Partnerstaaten erfolgen. Eine solche mehrfache Meldung kann zu aufwendigen Steuerverfahren in den Partnerstaaten und allenfalls zu internationalen Doppelbesteuerungen führen.

Die korrekte Erfassung der Daten und die richtige Qualifikation des AIA-Status sind sowohl im Interesse der Finanzinstitute wie auch der Kunden. Eine besondere Schwierigkeit besteht in der korrekten Qualifikation und Meldung von Verwaltungsstrukturen (Sitzgesellschaften, Trusts und Stiftungen) und deren beherrschenden Personen.

Die wohl grösste Herausforderung tragen die Steuerbehörden. Sie müssen die riesigen Datenmengen bewältigen und für die Steuerveranlagungen richtig auswerten.

Tax Partner AG
Zürich, im Januar 2017

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