Besteuerung von Privat­personen

Neue Regeln bei der Sozialversicherungspflicht für grenzüberschreitendes Home-Office

Standardbestimmungen nach der EU VO 883/2004

Mitarbeitende, die gewöhnlich in mehreren Staaten arbeiten und einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit in ihrem Wohnsitzstaat ausüben (25% oder mehr), unterliegen grundsätzlich dem Sozialversicherungssystem ihres Wohnsitzstaates. So sieht es die europäische Verordnung über soziale Sicherheit (EU VO 883/2004) vor, die auch für die Schweiz gilt.

In der Praxis schränken Arbeitgeber den Umfang für grenzüberschreitendes Home-Office häufig stark ein, unter anderem damit die Unterstellungspflicht bei der Sozialversicherung in der Schweiz verbleibt und nicht auf den Wohnsitzstaat des Mitarbeitenden übergeht.

Im Zuge der COVID-19-Pandemie und der damit verbundenen Reisebeschränkungen wurden die Unterstellungsregelungen durch die EU/EFTA-Länder und die Schweiz flexibel angewendet. Grenzüberschreitendes Home-Office führte in dieser Zeit grundsätzlich nicht zu einem Wechsel der sozialversicherungsrechtlichen Unterstellung. Diese Sonderregelung ist am 30. Juni 2023 nach mehreren Verlängerungen ausgelaufen.

Multilaterale Vereinbarung (EU/EFTA) ab 1. Juli 2023

Aufgrund des zunehmenden Bedürfnisses nach Home-Office haben verschiedene EU/EFTA-Staaten und die Schweiz eine multilaterale Vereinbarung unterzeichnet, die in Abweichung zu den bisherigen Regelungen einen höheren Umfang an grenzüberschreitendem Home-Office zulässt.

Neu ist das grenzüberschreitende Home-Office im Wohnsitzstaat bis zu maximal 49.9 % möglich, ohne dass sich die Zuständigkeit zur Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge ändert. Hierbei gilt ein Betrachtungszeitraum der folgenden 12 Monate.

Anwendbar ist diese Regelung nur für Mitarbeitende, die von dem Freizügigkeitsabkommen mit der EU resp. dem EFTA-Übereinkommen erfasst werden. Drittstaatsangehörige sind von dieser Neuregelung ausgeschlossen. Voraussetzung ist ferner, dass beide Staaten – sprich der Ansässigkeitsstaat des Arbeitgebers als auch der Wohnsitzstaat der Mitarbeitenden – die multilaterale Vereinbarung unterzeichnet haben. Für Sachverhalte mit Staaten, welche die Vereinbarung nicht unterzeichnet haben, gelten die Standartbestimmungen der EU VO 883/2004 mit maximal 25% Arbeitstagen im Wohnsitzstaat, bevor die Unterstellung wechselt.

Die Liste der berechtigten Staaten wird laufend aktualisiert. Bisher haben nachfolgende Staaten die Vereinbarung unterzeichnet. In dieser Liste fehlt einzig Italien als Nachbarstaat der Schweiz.

  • Österreich
  • Belgien
  • Deutschland
  • Finnland
  • Frankreich (Neuevaluation nach 6 Monaten)
  • Kroatien
  • Liechtenstein
  • Luxemburg
  • Malta
  • Niederlande
  • Norwegen
  • Österreich
  • Polen
  • Portugal
  • Schweden
  • Schweiz
  • Slowakei
  • Spanien
  • Tschechien

Ausgenommene Sachverhalte

Die neue multilaterale Vereinbarung ist nicht anwendbar auf folgende Sachverhalte:

  • Mitarbeitende, die im Wohnsitzstaat neben dem Home-Office zusätzlich gewöhnlich andere Tätigkeiten ausüben (z.B. regelmässige Kundenbesuche, selbständige Nebenbeschäftigung)*
  • Mitarbeitende, die nebst dem Home-Office im Wohnsitzstaat gewöhnlich in einem weiteren EU/EFTA-Staat arbeiten*
  • Mitarbeitende, die nebst für den Schweizer Arbeitgeber noch für zusätzliche Arbeitgeber in einem EU/EFTA-Staat arbeiten (mehrere Schweizer Arbeitgeber sind nicht schädlich)
  • Selbständigerwerbende
  • Drittstaatsangehörige

* Unregelmässige Arbeitseinsätze im Wohnsitzstaat oder anderen EU/EFTA-Staaten sind nicht schädlich. Ob marginale Tätigkeiten (< 5 %) bei der Analyse miteinzubeziehen sind, ist bis anhin noch unklar.

Notwendige Schritte und Übergangsregelungen

Um die Vereinbarung anzuwenden, kann im Arbeitgeberstaat ein Antrag auf Ausstellung der Bescheinigung A1 gestellt werden. Diese ist jeweils für drei Jahre gültig mit Möglichkeit zur Verlängerung. Eine rückwirkende Ausstellung kann für maximal drei Monate beantragt werden.

Als Übergangsbestimmung werden Anträge, die bis zum 30. Juni 2024 eingereicht werden, rückwirkend ab dem 1. Juli 2023 genehmigt.