Besteuerung von Privat­personen

Flexible Gestaltung der Pensionierung und Verbleib im Erwerbsleben – Aktueller Stand und geplante Neuerungen

Viele Arbeitnehmende wünschen sich einen flexiblen Übergang in den Ruhestand. Dabei bestehen vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, von vorzeitiger über schrittweise Pensionierung bis hin zum Aufschub. Die Planung des Ausstiegs aus dem Erwerbsleben ist komplex und sollte frühzeitig erfolgen. Steuerliche Aspekte sind häufig ein wesentlicher Teil der Pensionierungsplanung.

Dieser Fachbeitrag beschäftigt sich schwerpunktmässig mit der flexiblen Pensionierung aus steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Sicht und zeigt die diesbezüglich geplanten Neuerungen auf. Zudem wird die freiwillige Erwerbstätigkeit über das ordentliche Rentenalter hinaus beleuchtet.

Der Rentenbezug aus AHV-Sicht (Säule 1)

Gemäss heutiger Regelung werden Renten aus der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) mit dem Erreichen des ordentlichen Rentenalters auf Antrag ausgerichtet, und diese werden mit dem übrigen Einkommen vollumfänglich besteuert. Wird der Antrag später eingereicht, wird die AHV-Rente rückwirkend für die letzten 5 Jahre ab Anspruchsbeginn ohne Zuschlag und Zins nachbezahlt.

Ein Vorbezug der AHV kann maximal zwei Jahre vor Erreichen des ordentlichen Rentenalters in Anspruch genommen werden. Im Gegenzug wird die AHV-Rente um 6.8% pro Vorbezugsjahr gekürzt. Wer seine Altersrente vorbezieht, untersteht bis zum ordentlichen Rentenalter weiterhin der AHV-Beitragspflicht. Wer nach der Frühpensionierung nicht erwerbstätig ist, muss Beiträge als nichterwerbstätige Person bezahlen. Je nach Konstellation sind Beiträge über das Erwerbseinkommen des anderen Ehegatten oder über eine verbleibende Resttätigkeit abgedeckt.

Ein Aufschub der AHV-Rente bei Erreichen des ordentlichen Rentenalters ist auf Antrag um ein bis fünf Jahre möglich. Der Aufschub der Rente führt zu einer Erhöhung der Rente (Zuschlag zwischen 5.2% und 31.5%). Steuerlich kann ein Aufschub unter Umständen attraktiv sein, sofern in Zukunft mit einem tieferen Grenzsteuersatz zu rechnen ist.

Einen schrittweisen Übergang in die Pensionierung sieht das geltende AHV-Recht nicht vor.

Pensionierung aus Sicht der beruflichen Vorsorge (Säule 2)

Mit dem Erreichen des ordentlichen Rentenalters wird gemäss heutiger Regelung das Altersguthaben aus der beruflichen Vorsorge je nach reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtung in Form einer Rente oder als Kapital ausgerichtet. Ein Kapitalbezug ist steuerlich vorteilhafter, da dieser privilegiert und gesondert vom übrigen Einkommen besteuert wird, wohingegen die Altersrente als Einkommen vollumfänglich versteuert wird. Sollten zuvor Einkäufe in die Säule 2 geleistet worden sein, ist bei einem Bezug des Vorsorgeguthabens eine dreijährige Sperrfrist zu beachten, welche auch bei einer vorzeitigen und auf Verlangen des Arbeitgebers vorgenommenen Frühpensionierung gilt.

Je nach Ausgestaltung des Reglements der Vorsorgeeinrichtung ist ein Vorbezug der Altersleistung in Form von Kapital oder Rente bereits ab dem vollendeten 58. Altersjahr möglich.

Die Pensionierung kann in der beruflichen Vorsorge zwar bis zum 70. Altersjahr aufgeschoben werden, setzt aber voraus, dass das Vorsorgereglement diese Möglichkeit vorsieht und die Erwerbstätigkeit des Arbeitnehmenden fortgesetzt wird. Die Besteuerung der Vorsorgeleistung erfolgt dann ebenfalls zeitlich aufgeschoben.

Eine stufenweise Pensionierung ist derzeit in der beruflichen Vorsorge nicht ausdrücklich geregelt, in der Praxis aber zugelassen. Je nach Verwaltungspraxis der kantonalen Steuerbehörde des Wohnsitzkantons werden für die steuerliche Anerkennung die folgenden kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen verlangt:

  • Massgebliche, dauerhafte und nachweisbare Reduktion des Beschäftigungsgrades (i.d.R. mind. 20%-30% und mindestens 1 Jahr),
  • Mit Reduktion des Beschäftigungsgrades geht eine Reduktion des Lohnes und des versicherten Verdienstes einher,
  • Bezug von Altersleistungen entspricht Reduktion des Beschäftigungsgrades,
  • Teilpensionierung muss im Reglement verankert sein.

Ein gestaffelter Bezug des Vorsorgeguthabens ist steuerlich attraktiver, da damit die Progression gebrochen wird. Teilpensionierungen, die nur dem ratenweisen Bezug von Kapitalleistungen dienen, werden aus steuerlicher Sicht als missbräuchlich betrachtet. Gemäss heutiger Praxis (z.B. im Kanton Zürich) gelten zwei Kapitalbezüge noch als unbedenklich. Andere Kantone erlauben auch drei Kapitalbezüge (z.B. Kanton Bern).

Bezug der gebundenen Vorsorge (Säule 3a)

Das angesparte Kapital in der Säule 3a kann nach heutiger Regelung frühestens fünf Jahre vor Erreichen des ordentlichen Rentenalters bezogen werden, unabhängig davon, ob die Erwerbstätigkeit aufgegeben oder weitergeführt wird. Der Bezug des Säule 3a-Guthabens wird wie der Kapitalbezug aus der beruflichen Vorsorge besteuert, privilegiert und vom übrigen Einkommen getrennt.

Liegen mehrere Säule 3a-Konti vor, ist aus steuerlicher Sicht ein gestaffelter Bezug empfehlenswert, um so die Steuerprogression zu brechen. Im selben Steuerjahr getätigte Bezüge aus der beruflichen Vorsorge und der gebundenen Vorsorge werden für die Bestimmung des Steuersatzes zusammengerechnet.

Freiwillige Erwerbstätigkeit nach dem ordentlichen Rentenalter

Das Einkommen von Erwerbstätigen, die über das ordentliche Rentenalter hinaus arbeiten, wird vollumfänglich besteuert. Es besteht kein Freibetrag.

Wer nach Erreichen des ordentlichen Pensionsalters einer Erwerbstätigkeit nachgeht, bezahlt nach heutiger Regelung auf seinem Einkommen weiterhin Sozialversicherungsbeiträge (AHV, IV und EO), allerdings nur auf Einkommen über dem Freibetrag von CHF 1’400 pro Monat resp. CHF 16’800 pro Jahr pro Arbeitsverhältnis. Beiträge an die Arbeitslosenversicherung hingegen entfallen vollständig. Die bezahlten Sozialversicherungsbeiträge führen nicht zu einer höheren Altersrente und gelten somit als Solidaritätsbeiträge.

Je nach Vorsorgereglement ist eine Weiterversicherung in der beruflichen Vorsorge auch nach Erreichen des ordentlichen Rentenalters möglich.

Bis fünf Jahre nach Erreichen des ordentlichen Rentenalters können beim Verbleib im Erwerbsleben Beiträge in die Säule 3a bezahlt werden. Ohne Pensionskassenanschluss können jährlich bis zu 20% des Erwerbseinkommens (maximal CHF 34’416) und mit Pensionskassenanschluss bis CHF 6’883 (Stand 2022) einbezahlt werden.

Sollte ein Kapitalbezug aus der Pensionskasse infolge Erreichens des ordentlichen Rentenalters getätigt, aber die Erwerbstätigkeit reduziert fortgeführt werden, sind grundsätzlich Beiträge in die Säule 3a möglich und steuerlich vorteilhaft. Eine solche Fallkonstellation könnte indessen als Steuerumgehung eingestuft werden, weshalb die Kombination von Bezügen aus der Säule 2 und Beiträge in die Säule 3a mit Vorsicht zu tätigen ist.

 AHV-Reform: Flexibler Rentenbezug

Am 25. September 2022 stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung über die AHV-Reform ab (AHV 21). Nebst einer Angleichung des Rentenalters von Männern und Frauen auf 65, sind Flexibilisierungen bei der Pensionierung vorgesehen. Die AHV-Rente kann zwischen dem 63. und 70. Altersjahr ab jedem Monat bezogen werden. Bei einem Aufschub wird die Altersrente erhöht und bei einem Vorbezug wird sie gekürzt. Daneben ist ein schrittweiser Ausstieg aus dem Erwerbsleben mit Teilrentenbezügen möglich (Reduktion um mindestens 20%).

Wer über das ordentliche Rentenalter hinaus arbeitet und Beiträge bezahlt, kann seine AHV-Rente bis maximal zur Vollrente verbessern und allfällige Beitragslücken schliessen. Voraussetzung ist, dass das Einkommen nach dem ordentlichen Rentenalter mindestens 40% des früheren Einkommens und der AHV-Betrag mindestens dem AHV-Mindestbetrag entspricht.

Gleichzeitig wird auch die Flexibilisierung mit Teilrenten in der beruflichen Vorsorge gesetzlich verankert. Vorsorgeeinrichtungen müssen mindestens drei Schritte für den Bezug der Altersrente aus der BVG anbieten. Bei Kapitalbezügen darf das Reglement höchstens drei Teilbezugsmöglichkeiten vorsehen. Es ist derzeit unklar, ob die Steuerbehörden ihre Praxis anpassen und drei Kapitalbezüge in allen Kantonen steuerlich zulassen werden.

Ausblick – Vorgeschlagene Änderungen zur Erwerbstätigkeit nach Erreichen des ordentlichen Rentenalters

Daneben hat die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) im Juni 2022 eine Motion eingereicht, die den Bundesrat beauftragt, die Erwerbstätigkeit nach dem ordentlichen Rentenalter mit steuerlichen Massnahmen zu fördern. Verschiedene Optionen sollen dabei geprüft werden, unter anderem (i) die Einführung eines Rentnerabzugs ab Erreichung eines Mindestarbeitspensums oder zu erreichenden Minimaleinkommens, (ii) die Befreiung der AHV-Altersrenten von der Einkommensteuer ab Erreichung eines Mindestarbeitspensums oder Minimaleinkommens oder (iii) eine Senkung der Einkommenssteuer auf einem Teil oder der Gesamtsumme des mit der beruflichen Ausübung erwirtschafteten Einkommens. Die Ausgestaltung der finanziellen Anreize für eine verlängerte Erwerbstätigkeit lässt viel Spielraum offen und wird bestimmt noch viel zu reden geben, bevor eine Umsetzung erfolgt.

Wir werden Sie über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden halten.

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