Unternehmens­steuern

Spontaner Informations­austausch über Steuer­rulings

Im Rahmen des BEPS-Projektes der OECD wird neu ein spontaner Informationsaustausch über Steuerrulings gewisser Kategorien als Mindeststandard eingeführt. In der Schweiz treten dafür die rechtlichen Grundlagen per 1. Januar 2017 in Kraft und der Informationsaustausch über Steuerrulings erfolgt voraussichtlich ab 1. Januar 2018.

OECD-Mindeststandard betreffend Informationsaustausch über Steuerrulings

Der internationale Informationsaustausch in Steuersachen ist auf Bestreben der OECD und Unterstützung der G20-Staaten in den letzten Jahren laufend erweitert worden. Mit dem BEPS Report 2015 zu Action 5 wird ein obligatorischer spontaner Informationsaustausch über Steuerrulings eingeführt. Die Schweiz als Mitglied der OECD setzt gegenwärtig den vorgegebenen Mindeststandard des BEPS-Projekts um.

Für die Schweiz stellt der spontane Informationsaustausch neben dem bisherigen Informationsaustausch auf Anfrage (Amtshilfeersuchen) und dem automatischen Informationsaustausch (z.B. Erhebung von Bankdaten ab 1. Januar 2017) eine neue Form der internationalen Amtshilfe dar.

Die EU-Staaten ihrerseits führen ab 1. Januar 2017 einen automatischen Informationsaustausch über Steuerrulings ein, welcher über den OECD-Mindeststandard hinausgeht (erweiterter Begriff der auszutauschenden Steuerrulings und weiterer Kreis der Empfängerstaaten).

Auszutauschende Informationen über Steuerrulings

Im Vordergrund steht die Lieferung von Informationen über Schweizer Steuerrulings ins Ausland. Es werden jedoch möglicherweise auch Informationen über ausländische Steuerrulings in die Schweiz geliefert.

Der spontane Informationsaustausch gemäss OECD-Mindeststandard und entsprechend der innerstaatlichen Steueramtshilfeverordnung umfasst insgesamt fünf Kategorien von Steuerrulings:

  1. Rulings betreffend präferenzieller Steuerregimes, z.B. Rulings hinsichtlich der abzuschaffenden Steuerregimes der Holding-, Domizil-, gemischten Gesellschaften und der Prinzipalgesellschaften sowie hinsichtlich der zukünftigen IP-Box;
  2. Unilaterale Rulings mit grenzüberschreitendem Bezug über Verrechnungspreise;
  3. Rulings mit grenzüberschreitendem Bezug hinsichtlich der Reduktion des steuerbaren Gewinns, welche nicht in der Handelsbilanz erscheint;
  4. Rulings betreffend Bestehen und Nicht-Bestehen von Betriebsstätten und die diesbezügliche Gewinnallokation;
  5. Rulings betreffend Weiterleitungsgesellschaften.

Die OECD behält sich vor, in der Zukunft weitere Kategorien von Steuerrulings für den spontanen Informationsaustausch zu bezeichnen.

Grundsätzlich werden Steuerrulings betreffend die Einkommenssteuer von natürlichen Personen nicht spontan ausgetauscht. Unklar ist dieser Punkt im Bereich des Geschäftsvermögens von natürlichen Personen.

Ausgetauscht wird ein von der OECD vorgegebenes Musterformular mit den massgeblichen Informationen und nicht das Steuerruling selber. Das Musterformular enthält u.a. Namen und Adresse des Schweizer Rechtsträgers, Namen des multinationalen Konzerns, Datum der Erteilung, Kategorie des Steuerrulings, eine Zusammenfassung der Thematik sowie  Namen und Adressen der Rechtsträger in den Empfängerstaaten.

Räumlicher Anwendungsbereich / Empfängerstaaten

Rulings werden ausgetauscht zwischen den Staaten, in welchen das multilaterale Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (Amtshilfekonvention) in Kraft ist und welche sich zum OECD-Mindeststandard bekennen. Dazu gehören die OECD-Staaten und die G20-Staaten.

Der OECD-Mindeststandard und entsprechend die innerstaatliche Steueramtshilfeverordnung legt für jede Kategorie des Steuerrulings die Empfängerstaaten fest. Bei allen fünf Ruling-Kategorien gehören zu den Empfängerstaaten der Sitzstaat der Konzernobergesellschaft und der Sitzstaat der direkten Muttergesellschaft. Bei einem Steuerruling hinsichtlich einer präferenziellen Regelung gehören auch dazu die Sitzstaaten der verbundenen Unternehmen (mit einer Beteiligungsquote von mindestens 25%), deren Transaktionen der Vorzugsbehandlung unterliegen. Nicht zu den Empfängerstaaten gehören die Sitzstaaten eines unabhängigen Dritten.

Bei den heute bestehenden Steuerrulings erfolgt der spontane Informationsaustausch nur in die Empfängerstaaten, welche aus dem Steuerruling oder den Akten der Steuerbehörden hervorgehen. Gemäss OECD-Mindeststandard müssen bei diesen Steuerrulings die Steuerbehörden nur nach „Best Efforts“ handeln und nicht alle betroffenen Empfängerstaaten eruieren.

Zeitlicher Anwendungsbereich

Die Schweiz hat am 26. September 2016 die Ratifikationsurkunde der Amtshilfekonvention hinterlegt. Die Amtshilfekonvention und die Änderungen im innerstaatlichen Recht, d.h. des Steueramtshilfegesetzes und der Steueramtshilfeverordnung, treten am 1. Januar 2017 in Kraft. Der Informationsaustausch erfolgt grundsätzlich ein Jahr später, d.h. ab 1. Januar 2018. Der Bundesrat kann aber mit einzelnen Vertragsparteien vereinbaren, dass der Informationsaustausch bereits ab dem Inkrafttreten der Amtshilfekonvention, d.h. ab 1. Januar 2017, beginnen soll. Bis heute ist kein solches Übereinkommen mit einem Staat in Sicht, und es ist unwahrscheinlich, dass ein solches noch im Jahr 2017 abgeschlossen wird. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der spontane Informationsaustausch ab 1. Januar 2018 erfolgt.

Der spontane Informationsaustausch umfasst Steuerrulings, die nach dem 1. Januar 2010 erteilt worden sind und per Stichtag des Informationsaustausches, d.h. voraussichtlich am 1. Januar 2018, noch oder danach anwendbar sind.

Verfahrensrechte der Steuerpflichtigen

Die Steuerpflichtigen haben im Zusammenhang mit dem Austausch von Steuerrulings die gleichen Verfahrensrechte wie beim Informationsaustausch auf Anfrage. Sie haben ein Recht auf Vorinformation, auf Akteneinsicht und ein Beschwerderecht an das Bundesverwaltungsgericht bzw. Bundesgericht.

Einschätzung Tax Partner AG

Die möglichen Auswirkungen des spontanen Informationsaustausches über Steuerrulings müssen in jedem Einzelfall analysiert werden. Es ist zu prüfen, ob ein heute bestehendes Steuerruling widerrufen werden soll, um einen Austausch zu verhindern. Unter Vorbehalt eines unwahrscheinlichen Übereinkommens mit einem Staat für einen Informationsaustausch bereits ab 1. Januar 2017 sollte ein Widerruf bis Ende 2017 ausreichend sein. Wer auf der sicheren Seite sein will, widerruft ein Steuerruling vor Ende 2016.

Im Allgemeinen werden die ausländischen sowie die schweizerischen Steuerbehörden aufgrund des erweiterten Informationsaustausches (Informationsaustausch auf Ersuchen, spontaner sowie automatischer Informationsaustausch) insgesamt über mehr Informationen zum einzelnen Steuerpflichtigen verfügen. Durch die Zunahme der verfügbaren Steuerinformationen in den diversen Staaten wird sich das Risiko von steuerlichen Aufrechnungen und internationalen Doppelbesteuerungen erhöhen.

Der spontane Informationsaustausch bedeutet gleichzeitig für den Steuerstandort Schweiz eine Chance. Der OECD-Mindeststandard gilt für sämtliche OECD-Staaten sowie G20-Staaten und erhöht allgemein die Steuertransparenz. Alle Staaten sollten also gleichgestellt sein. Der internationale Steuerwettbewerb wird deshalb zukünftig hauptsächlich über die ordentlichen Gewinnsteuersätze und das allgemeine Steuerklima ausgetragen werden. Zudem spielt die politische Stabilität eine wichtige Rolle. Die Schweiz bietet den Unternehmen diesbezüglich attraktive Rahmenbedingungen und wird diese auch in der Zukunft bewahren.

Tax Partner AG
Zürich, im November 2016

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