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Steuerliche Aspekte des neuen Limited Qualified Investor Fund (L-QIF)

Um den Fondsplatz Schweiz im internationalen Vergleich attraktiver zu gestalten, hat das Schweizer Parlament im Zuge der Revision des Kollektivanlagengesetz (KAG) die Einführung des sogenannten L-QIF beschlossen. Ein wesentlicher Vorteil dieser neuen Fondskategorie ist, dass sie durch die zuständige Aufsichtsbehörde weder genehmigt werden muss noch von ihr beaufsichtigt wird. Dadurch kann der L-QIF schneller als herkömmliche Schweizer Anlagefonds aufgelegt werden. Eigentlich sollte das revidierte KAG zum 1. August 2023 in Kraft treten. Aufgrund einiger Kritik an der revidierten Kollektivanlagenverordnung (KKV), welche die Ausführungsbestimmungen zum L-QIF beinhaltet, wurde der Zeitplan nicht gehalten. Mit einer Umsetzung der Bestimmungen zum L-QIF ist nun erst im März 2024 zu rechnen. Der folgende Beitrag fasst die Hintergründe und das bisherige Gesetzgebungsverfahren sowie die steuerlichen Aspekte des L-QIF zusammen.

Stärkung des Fondsplatzes Schweiz

Der Fondsplatz Schweiz geniesst im internationalen Wettbewerb eine hohe Reputation als Verwaltungs- und Vertriebsstandort von Anlagefonds. Dieser gute Ruf ist unter anderem auf den Innovationsgeist talentierter Arbeitskräfte in der Schweiz sowie auf die hohe Dichte in der Schweiz ansässiger vermögender Investoren zurückzuführen. Allerdings hinkt die Schweiz als Produktionsstandort von Anlagefonds vielen Ländern hinterher. Gründe dafür können im eingeschränkten Marktzugang Schweizer Anlagefonds zur EU gefunden werden, aber auch in den zeit- und kostenaufwendigen Genehmigungsprozessen sowie in der im internationalen Vergleich sehr hohen 35%-igen Verrechnungssteuerbelastung auf Ausschüttungen und Thesaurierungen von Schweizer Anlagefonds.

Einführung des Limited Qualified Investor Funds (L-QIF)

Um den Schweizer Fondsplatz im internationalen Vergleich attraktiver zu gestalten, hat das Schweizer Parlament am 17. Dezember 2021 im Rahmen einer Teilrevision des Kollektivanlagegesetzes (KAG) beschlossen, den L-QIF einzuführen. Beim L-QIF handelt es sich um eine neue Fondskategorie, die sich grundsätzlich am luxemburgischen Reserved Alternative Investment Fund (RAIF) orientiert. L-QIF und RAIF können in unterschiedlichen Rechtsformen als vertraglich oder körperschaftlich organisierte  Anlagefonds aufgelegt werden. Beide Produkte haben überdies gemeinsam, dass sie nur einem beschränkten Kreis von Investoren (qualifizierten Anlegern beim L-QIF bzw. «well-informed Investors» beim RAIF) angeboten werden dürfen. Weiter benötigen sie weder eine Genehmigung durch die zuständige Aufsichtsbehörde, noch werden sie von einer solchen beaufsichtigt. Dadurch kann der L-QIF schneller als herkömmliche Schweizer Anlagefonds aufgelegt und die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Fondsplatzes als Produktionsstandort gestärkt werden.

Stand des Gesetzgebungsverfahrens

Am 23. September 2022 hat der Bundesrat die Vernehmlassung zum Entwurf der revidierten Kollektivanlagenverordnung (KKV) eröffnet, welche die Ausführungsbestimmungen zum L-QIF beinhaltet. Die Vernehmlassung endete am 23. Dezember 2022 und die dabei eingegangenen Stellungnahmen sind durchzogen ausgefallen. Einzelne Vernehmlassungsteilnehmer kritisieren die zu eng ausgelegten Verordnungsbestimmungen zu den Anlagebeschränkungen und -techniken. So wird beispielsweise gefordert, dass die Verordnung diesbezüglich weniger restriktive Einschränkungen enthalten soll, zumal der Anlegerkreis des L-QIF auf qualifizierte Anleger beschränkt ist und das Gesetz in diesem Bereich grundsätzlich liberalere Lösungen ermöglichen würde. Kritisiert wird auch, dass der Verordnungsentwurf eine Vielzahl von Restriktionen enthält, die das luxemburgische Recht für das Konkurrenzprodukt RAIF nicht kennt und somit das Ziel der Reform, wonach die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer Anlagefonds erhöht werden soll, untergraben.

Aufgrund dieser im Rahmen der Vernehmlassung zur revidierten KKV hervorgebrachten kritischen Anmerkungen kann das revidierte KAG und die Änderungen der KKV nicht wie ursprünglich vorgesehen am 1. August 2023 in Kraft gesetzt werden. Mit einer Umsetzung der Bestimmungen zum L-QIF ist voraussichtlich am 1. März 2024 zu rechnen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die im Rahmen der Vernehmlassung gemachten kritischen Stellungnahmen Eingang in die finale Fassung der KKV finden werden.

Wesentliche rechtliche Merkmale des L-QIF gemäss revidiertem KAG

Der L-QIF ist eine Schweizer kollektive Kapitalanlage nach KAG, die keine eigenständige neue Rechtsform aufweist, sondern in der Form einer der bestehenden kollektiven Kapitalanlageformen gemäss KAG aufgelegt werden kann. Konkret kann der L-QIF als Investmentgesellschaft mit variablem Kapital (SICAV), als vertraglicher Anlagefonds (FCP) oder als Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen (KmGK) aufgesetzt werden. Die Aufsetzung des L-QIF als Investmentgesellschaft mit fixem Kapital (SICAF) ist nicht möglich.

Im Gegensatz zur SICAV, FCP und KmGK bedarf der L-QIF weder einer Bewilligung der Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA), noch untersteht er deren Aufsicht. Im Vergleich dazu muss der L-QIF allerdings durch ein von der FINMA beaufsichtigtes Institut verwaltet werden. Dadurch soll der Anlegerschutz mittels indirekter Aufsicht sichergestellt werden.

Der L-QIF steht nur qualifizierten Anlegern gemäss KAG offen. Dazu gehören professionelle Kunden (bspw. Finanzintermediäre gemäss Bankengesetz, beaufsichtigte Versicherungsunternehmen, Zentralbanken etc.). Als qualifizierte Anleger gelten zudem vermögende Privatkunden und für diese errichtete private Anlagestrukturen, die erklären, dass sie als professionelle Kunden gelten wollen sowie Anleger mit schriftlichem Anlageberatungs- oder Vermögensverwaltungsvertrag, sofern sie nicht erklärt haben, nicht als qualifizierte Anleger gelten zu wollen.

Die Anlagevorschriften für den L-QIF sind mit Blick auf den eingeschränkten Anlegerkreis und das Ziel der Innovationsförderung liberal ausgestaltet. Das revidierte KAG macht weder Vorgaben in Bezug auf die möglichen Anlagen noch auf die Risikoverteilung. Diese flexible Ausgestaltung erlaubt es dem L-QIF, sein Vermögen nicht nur in traditionelle Anlagen zu investieren, sondern auch in exotischere Anlagen wie Kryptowährungen, Rohstoffe, Infrastrukturprojekte, Wein oder Kunst. Aufgrund der fehlenden Vorschriften zur Risikoverteilung kann der L-QIF unter Berücksichtigung der Vorgaben zur Einbehaltung einer angemessenen Liquidität grundsätzlich sein ganzes Vermögen in ein einziges Investitionsobjekt investieren. Im Vergleich dazu darf der luxemburgische RAIF höchstens 30% seiner Vermögenswerte in dasselbe Investitionsobjekt investieren.

Steuerliche Transparenz des L-QIF

Beim L-QIF handelt es sich um eine kollektive Kapitalanlage gemäss KAG und somit auch um eine kollektive Kapitalanlage im Sinne der Steuergesetzgebung. Somit wird der L-QIF steuerlich den anderen kollektiven Kapitalanlagen (SICAV, FCP und KmGK) gleichgestellt. Diese Gleichbehandlung führt dazu, dass der L-QIF für Einkommens- und Vermögenssteuerzwecke transparent ist. Der L-QIF selbst wird demzufolge nicht besteuert. Die steuerbaren Einkünfte und das Nettovermögen des L-QIF werden aber anteilsmässig den Investoren zugerechnet und bei ihnen besteuert. Die den Investoren zugerechneten Kapitalgewinne und Kapitalrückzahlungen des L-QIF sind beim Schweizer Investor, der seine Anteile im Privatvermögen hält, steuerfrei.

Steuerliche Behandlung von L-QIFs mit direktem Grundbesitz

Eine Ausnahme vom Transparenzprinzip besteht allerdings bei Anlagefonds mit direktem Grundbesitz. Analog zur steuerlichen Regelung bei SICAV, FCP und KmGK unterliegen die Immobilienerträge des L-QIF aus direktem Grundbesitz auf Stufe Anlagefonds der Gewinnsteuer. Für die direkte Bundessteuer und in der Regel auch für die Kantons- und Gemeindesteuer kommt dabei ein reduzierter Gewinnsteuersatz zur Anwendung. Ferner unterliegt das auf die im Direktbesitz gehaltenen Immobilien entfallende Nettovermögen beim L-QIF der Kapitalsteuer. Die auf Stufe L-QIF gewinnsteuerlich erfassten Immobilienerträge aus direktem Grundbesitz und das mit der Kapitalsteuer erfasste Nettovermögen unterliegen beim Schweizer Investor nicht der Einkommens- und Vermögenssteuer. Ebenso unterliegen an die Investoren ausgeschüttete oder thesaurierte Erträge aus direktem Grundbesitz beim L-QIF nicht der Verrechnungssteuer.

Im Nachgang zur Verabschiedung der Botschaft empfahl das Eidgenössische Finanzdepartement, als qualifizierte Anleger geltende Privatpersonen vom Anlegerkreis des L-QIF mit direktem Grundbesitz auszuschliessen. Aufgrund des bei Anlagefonds mit direktem Grundbesitz zur Anwendung gelangenden reduzierten Gewinnsteuersatzes befürchtete das Eidgenössische Finanzdepartement Steuerausfälle bei der Gewinnsteuer, weil vermögende Privatpersonen in Zukunft für ihre Investitionen in Renditeliegenschaften zur Steueroptimierung vermehrt L-QIFs einsetzen könnten, anstatt sie wie bis anhin direkt oder via einer Immobiliengesellschaft zu halten. Der von der Eidgenössischen Steuerverwaltung geschätzte Steuerausfall hätte die volkswirtschaftlichen Vorteile des L-QIF nicht kompensiert. In der Folge empfahl das Eidgenössische Finanzdepartement dem Parlament, Privatpersonen, die als qualifizierte Anleger gelten, als Anleger eines L-QIF mit direktem Grundbesitz auszuschliessen. Dieser Empfehlung hat das Parlament zugestimmt. Somit stehen L-QIFs mit direktem Grundbesitz für Privatpersonen nicht zur Verfügung.

Problem der Verrechnungssteuer bei L-QIFs

Gleich wie SICAVs, FCPs und KmGKs unterliegen die Ausschüttungen und Thesaurierungen von steuerbaren Erträgen (Dividenden und Zinsen, nicht aber Kapitalgewinne und Kapitalrückzahlungen sowie Immobilienerträge aus Anlagefonds mit direktem Grundbesitz) durch den L-QIF der 35%-igen Verrechnungssteuer. Aufgrund dieser im internationalen Vergleich sehr hohen Verrechnungssteuerbelastung sind Schweizer Anlagefonds generell für ausländische Investoren weniger attraktiv als ausländische Konkurrenzprodukte. Ausländische Investoren können gestützt auf ein zwischen ihrem Ansässigkeitsstaat und der Schweiz abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens in der Regel nur 20% der Schweizer Verrechnungssteuer zurückfordern, der nicht rückforderbare Anteil von 15% verbleibt als definitive Verrechnungssteuerbelastung in der Schweiz. Keine Rückforderungsmöglichkeit besteht für Investoren ohne Abkommensschutz. Zudem ist der teilweise langwierige und komplizierte Rückerstattungsprozess zu berücksichtigen, der viele ausländische Investoren davon abhält, in Schweizer Anlagefonds zu investieren. Die Schweizer Verrechnungssteuer dürfte somit ein Grund sein, dass der L-QIF für ausländische Investoren wenig attraktiv sein wird. Ausländische vergleichbare Anlagefonds, allen voran der Luxemburger RAIF, weisen in dieser Hinsicht bedeutende Wettbewerbsvorteile auf.

Sofern aber die steuerbaren Erträge des L-QIF zu mindestens 80% aus ausländischer Quelle stammen, können auch die ausländischen Investoren die 35%-ige Verrechnungssteuer zurückfordern, auch wenn der Ansässigkeitsstaat dieser Investoren kein Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz abgeschlossen hat. Auf Antrag hin gestattet die Eidgenössische Steuerverwaltung solchen Fonds auch die direkte Verrechnungssteuerentlastung bei Ausschüttungen oder Thesaurierungen an ihre ausländischen Investoren. Bei diesem sogenannten Affidavitverfahren muss der L-QIF keine Verrechnungssteuer entrichten.

Abkommensrechtliche Stellung des L-QIF

Da der L-QIF in der Schweiz nicht der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, kann er auch die von der Schweiz abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen nicht beanspruchen. Somit kann der L-QIF selbst keine ausländischen Quellensteuern zurückfordern, die auf seinen  Erträgen in Abzug gebracht wurden (mit Ausnahme von ausländischen Quellensteuern aus einzelnen Staaten, mit welchen die Schweiz Verständigungsvereinbarungen abgeschlossen hat, wonach der Schweizer L-QIF stellvertretend für die Schweizer Investoren einen Teil der aus diesen Vertragsstaaten einbehaltenen Quellensteuer zurückfordern kann). Diesfalls muss der Investor des L-QIF sich um eine Rückerstattung beim entsprechenden ausländischen Staat bemühen, sofern sein Ansässigkeitsstaat mit dem ausländischen Quellenstaat, woraus die quellensteuerbelasteten Einkünfte stammen, ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat.

L-QIFs und Stempelabgabe

Da es sich beim L-QIF um eine kollektive Kapitalanlage gemäss KAG handelt, gilt er als befreiter Anleger im Sinne des Stempelsteuergesetzes. Bei Käufen und Verkäufen von steuerbaren Urkunden durch den L-QIF muss der an der Transaktion beteiligte Schweizer Effektenhändler somit den auf den L-QIF entfallenden Anteil der Umsatzabgabe nicht abrechnen. Der L-QIF unterliegt somit keiner Umsatzabgabebelastung. Ebenso erfolgt die Zeichnung der Anteile ohne Belastung mit der Emissions- oder Umsatzabgabe.

Fazit

Obwohl der L-QIF transparent besteuert wird, weist er aus steuerlicher Sicht insbesondere für ausländische Investoren aufgrund der hohen Verrechnungssteuerbelastung im Vergleich zu ähnlichen ausländischen Anlageprodukten steuerliche Nachteile auf. Der L-QIF dürfte aus steuerlichen Überlegungen somit vor allem für inländische private und institutionelle Investoren attraktiv sein. Immerhin können bei L-QIF mit überwiegend auslandsbezogenen Anlagen aufgrund des möglichen Affidavitverfahrens die vorerwähnten Nachteile auch für ausländische Investoren weitestgehend ausgeräumt werden.

Sollten gemäss finaler Fassung des Verordnungsentwurfs zum L-QIF weiter die Anlagevorschriften liberal ausfallen, könnte sich unter Berücksichtigung der fehlenden Vorgaben zur Risikoverteilung der L-QIF trotz eingeschränktem Zugang zum europäischen Markt durchaus als eine interessante Alternative zu den existierenden ausländischen Konkurrenzprodukten erweisen und zur gewünschten Stärkung des Produktionsstandortes Schweiz beitragen.