Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) hat kürzlich einen Fragen & Antworten-Katalog mit insgesamt 41 Fragen zu spezifischen Verrechnungspreisthemen veröffentlicht. Sie schliesst damit an eine Publikation zu Verrechnungspreisen an, die die Schweizerische Steuerkonferenz und die ESTV bereits im Januar 2024 veröffentlicht haben (siehe TP News vom 2. Februar 2024).
Die Fragen & Antworten behandeln vier Themenbereiche:
- Kostenaufschlagsmethode und ihre Anwendung;
- Verrechnungssteuer (VST) im Falle von Verrechnungspreisanpassungen
- Steuerliche Konsequenzen für Schweizer Steuerpflichtige nach einem US-Gerichtsfall über die steuerliche Behandlung von Kosten für Aktienoptionen
- Konzerninterne Finanzierung
Drei dieser Themenbereiche stellen wir nachfolgend kurz vor:
Kostenaufschlagsmethode
Die Fragen & Antworten geben Aufschluss über die Zusammensetzung der Kostenbasis für die Anwendung der Kostenaufschlagsmethode. Dabei wird zwischen operativen Kosten und nicht-operativen Kosten, wie Steuern und Finanzierungskosten, unterschieden. Die Fragen & Antworten betonen zudem, dass in Übereinstimmung mit den OECD-Verrechnungspreisleitlinien grundsätzlich nur die operativen Kosten in der Kostenbasis berücksichtigt werden. Dies ist eine willkommene Klarstellung, da es Streitigkeiten mit den kantonalen Steuerbehörden gab, welche den Steueraufwand in die Kostenbasis einbeziehen wollten (unter allen Umständen).
Darüber hinaus enthalten die Fragen Q Antworten Anmerkungen zur Behandlung von Durchlaufkosten («pass-through costs») sowie zum Kostenaufschlag für Dienstleistungen mit geringer Wertschöpfung («low value-adding services»). Dabei referenziert die ESTV auf die OECD-Verrechnungspreisleitlinien.
Verrechnungssteuer im Falle von Verrechnungspreisanpassungen
Die Fragen & Antworten erläutern ferner die Frage, wann die schweizerische Verrechnungssteuer bei Primär- und Gegenberichtungen sowie bei der Rückführung von Gewinnen (Sekundärberichtigung) ausgelöst wird.
Die ESTV betont, dass sich Primär- und Gegenberichtungen typischerweise auf die Gewinnsteuer beziehen. Führt eine solche Primärberichtigung zu einer Gewinnrückführung, so gilt diese nicht als Dividende und unterliegt nicht der Verrechnungssteuer, wenn sie im Rahmen eines Verständigungsverfahrens oder einer einseitigen Vereinbarung vorgenommen wird. In Ermangelung eines solchen Abkommens wird die Verrechnungssteuer auf die zum Zweck der Rückführung geleisteten Zahlungen erhoben.
Wird beispielsweise eine von einer kantonalen Steuerverwaltung vorgenommene Primärberichtigung im Verständigungsverfahren ganz oder teilweise bestätigt, stellt sich die Frage der Sekundärberichtigung, d.h. der Erhebung der Verrechnungssteuer durch die ESTV auf dem im Verständigungsverfahren bestätigten Betrag der Primärberichtigung. Dabei unterscheidet die ESTV zwischen Verrechnungssteuerbefreiung bei entsprechender Vereinbarung im Verständigungsverfahren und Verrechnungssteuerpflicht (insbesondere bei offensichtlichen Gewinnverschiebungen).
Falls im Abkommen vorgesehen, muss die Rückführung der Gewinne innerhalb von 60 Tagen nach Abschluss des Abkommens erfolgen.
Finanztransaktionen
Ein grosser Teil der Fragen bezieht sich auf konzerninterne Finanzierungstransaktionen. Dies zeigt, wie wichtig Finanztransaktionen im Allgemeinen sind und den Klärungsbedarf der steuerpflichtigen Unternehmen durch die Steuerbehörden.
Die ESTV veröffentlicht jährlich sog. «safe-harbour»-Zinssätze für Vorschüsse oder Darlehen in Schweizer Franken und Fremdwährungen. Werden diese Zinssätze eingehalten, ist kein Nachweis erforderlich, dass der Fremdvergleichsgrundsatz erfüllt ist.
Die Fragen & Antworten stellen klar, dass die «safe-harbour»-Zinssätze nicht für kurzfristige Darlehen gelten. Ausserdem sind die «safe-harbour»-Zinssätze für ausländische Steuerbehörden nicht bindend. Ein steuerpflichtiges Unternehmen kann demnach Zinssätze festlegen, die von den «safe-harbour»-Zinssätzen abweichen. Infolgedessen muss der Fremdvergleichsnachweis der Transaktion in einer separaten Studie erbracht werden.
Im Rahmen der Q&A klärt die ESTV die Anforderungen an eine solche Studie. In diesem Zusammenhang wird auch die Anwendung oder Berechnung von Kreditratings diskutiert.
Schlussfolgerungen
Mit den Fragen & Antworten hat die ESTV ein Stück weit mehr Transparenz zu den Verrechnungspreisthemen in der Schweiz geschaffen. Gleichwohl sind nur bestimmte Themen angesprochen und andere ausgelassen worden, zum Beispiel die praktisch durchaus wichtige Frage was die Steuerbehörden an Dokumentation erwarten, auch wenn es in der Schweiz keine explizite Verrechnungspreisdokumentationsvorschriften gibt.
Die administrative Steuerpraxis wird in der Regel in Form von Kreisschreiben / Rundschreiben veröffentlicht, in denen auch angegeben wird, für welche Steuerarten das Rundschreiben gilt. Vorliegend ist nicht klar, ob die Praxis nur für die direkte Bundessteuer und die schweizerische Verrechnungssteuer oder auch für die Stempelabgaben und/oder die Mehrwertsteuer gilt.
Schliesslich bleibt abzuwarten, ob die kantonalen Steuerbehörden die Richtlinien anwenden werden, welche die ESTV im Rahmen der Fragen & Antworten gegeben hat. Beispielsweise hat sich der Kanton Zürich in der Zwischenzeit bereits dazu geäussert, dass der Steueraufwand nicht Bestandteil der Kostenbasis ist und folgt der Präzisierung der ESTV.
Bei Fragen wenden Sie sich jederzeit gerne an die nebenstehend genannten Autoren.